Mit weniger als zwanzig Bildern ist dieses Paket wieder relativ klein, aber dennoch finden sich hier eine Reihe von ungewöhnlichen Aufnahmen. Die Glasnegative zeigen Motive, die eine relativ große Bandbreite von fotografischen Anwendungen abdecken. Es gibt hier nur wenige klassische Gruppen- und Portraitaufnahmen, aber stattdessen Bilder von einem Ausflug im verschneiten Park, Fotos eines Zeppelinvorüberflugs, einige Landschaftsaufnahmen, sowie auch drei Fotografien, die offensichtliche Kopierversuche von Adolf-Hitler-Bildern aus Heinrich Hoffmanns "Hitler wie ihn keiner kennt" sind. Insgesamt zeigt diese Galerie vierzehn Aufnahmen von Glasnegativen, aber ausnahmsweise wurden auch fünf Filmnegative eingescannt, die zusammen mit diesen erstanden wurden. Da die Filmnegative alle recht interessante Szenen zeigen und vom Format her auch zu den anderen Bildern passen müßten, gehe ich davon aus, daß sie trotz des anderen Trägermaterials zu den Fotoplatten gehören und vielleicht auch in derselben Kamera entstanden sind.
Der Entstehungszeitraum dieser Fotos ist relativ gut einzugrenzen. Hoffmanns Propagandabuch kam 1933 heraus, und der auf anderen Bildern zu sehende Zeppelin (wahrscheinlich LZ 127 "Graf Zeppelin") flog bis 1937. Selbst wenn es sich bei letzterem um eine anderes Luftschiff handelt, so wird dieses nicht später als 1939 geflogen sein. Folglich wurden die Aufnahmen wahrscheinlich Mitte der 1930er Jahre gemacht, präziser läßt es sich aufgrund der ungenauen Indizien nicht ermitteln.
Die räumliche Verortung ist wesentlich schwieriger, nicht zuletzt deswegen, weil viele Fotoplatten in ländlicher Gegend ohne einmalige Geländedetails gemacht wurden. Die Landschaft weckt aber leicht die Assoziation nach den typischen landwirtschaftlich genutzten Kulturlandschaften in Ostdeutschland, eine Vermutung, die durch zwei Hinweise gestützt wird. Auf Bild
#11, wo ein Motorradrennen zu sehen ist, kann man Werbung für die "Breslauer Gerichts-Zeitung sehen". Und das Filmnegativ
#18 zeigt einen kleinen Flußdampfer, welcher den Namen "Olsa" trägt. Die Olsa ist ein kleiner Nebenfluß der Oder, an letzterer liegt auch Breslau. Es sieht nicht danach aus, als ob die meisten Bilder in dieser Hauptstadt Niederschlesiens angefertigt wurden, sondern es ist eher anzunehmen, daß die Negativplatten wahrscheinlich im weiteren Umland belichtet wurden.
Technisch sind die hier gezeigten Fotos okay, aber nicht atemberaubend. Viele Bilder bleiben aufgrund fotografischer Fehler hinter ihrem Potential zurück, so sind eine ganze Reihe Aufnahmen leider mal mehr, mal weniger, verwackelt. Bis auf die Zeppelinbilder ist die Belichtung jedoch recht gut. Die verwendete Kamera war sicherlich kein Spitzenmodell, sondern vermutlich bestensfalls mittelmäßig. Die Tiefenschärfe ist immer relativ groß mit wenig Unschärfezeichnung, was darauf schließen läßt, daß die Plattenkamera mit einem eher unspektakulären Objektiv -- vielleicht einem billigen Zweilinser -- mit kleiner Blendenöffnung ausgestattet war. Auch die gelegentlich recht flauen Kontraste unterstreichen diese Einschätzung. Einige Bilder haben zudem das Problem, daß sie durch Lichteinfall, wahrscheinlich verursacht durch undichte Filmhalter, überbelichtete Stellen haben.
Die Glasplatten haben zwar sichtbare Alterungs- und Lagerungsspuren, wovon einige eventuell auch auf unsaubere Entwicklungen zurückzuführen sind. Im Großen und Ganzen sind die Schäden aber nicht allzu dramatisch, da die Motive sich immer gut erkennen lassen und echte Defekte am Glas nicht vorkommen.